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tour_tagebuch

14.03.2025 Dresden/Waldbad Weixdorf

Der Imker (485)

 

Satte vier Wochen weilte Doc Makarios bis gefühlt eben auf Fuerteventura. So starten die Docs spät ins Konzertjahr und gehen ab sofort wieder ihrer vornehmsten Aufgabe nach: Dem Verkünden der Schriften Pratajevs. Los geht’s gleich mit einem Highlight.

 

Traditionell führt der noch winterliche Weg ins Waldbad Weixdorf, wo die Dresdener Feiermanufaktur ein Rundumwohlfühlpaket aus Begrüßungswodka, Getränken, Schaschlik, Pelmeni, Fischbrötchen und eben den Docs feilbietet. Wie im letzten Jahr ist die Hütte beinahe ausverkauft. Wobei dem nicht deklinierbaren Beinahe-Wort aus dem Land Adverbien später ein schöneres Umstandswort zum Opfer fällt. Es lautet: komplett. Macht um die 100 zahlende Gäste, die sich allesamt gegenseitig sehr guttun. Draußen leichter Regen, drinnen heftiger Segen. Zum Weltkulturerbe ist es nur ein kleiner Kick.    

 

Bis die Türen öffnen, lassen sich die Docs von einer animierenden Navi-Damenstimme problemlos durch die Lande kutschieren und sind bass erstaunt, als kurz vorm Ziel erörtert wird, dass man das Waldbad Weixdorf nicht mit dem Auto erreichen kann. Die Navi-Dame falschspricht diesen Vorsicht-Satz mehrfach und dringlich in den Wagen hinein, sogar als Pichelstein den Tourgolf direkt vorm Waldbadhaus parkt. Dann gibt sie auf, die Backline wird in den Saal gewuchtet. Eine Kaffeebestellung später ist Techniker Mario bereits mit dem Aufbau der Anlage zur Beschallung des Publikums beschäftigt, steht der Soundcheck an. Und weil der Mario alles andere als ein Pirnaer Hobbyphilosoph ist, klappt alles wie geträumt.

 

 

 

Es bleibt sogar noch Zeit für eine kleine Probe. Die Docs proben ja selten bis gar nicht. Wenn überhaupt, dann vorm Konzert. Was gut ist, wurde doch fürs Jahr 2025 eben erst die mögliche Setlist angepasst, ein Sitzteil erdacht, weil mittenmang ein bisschen Hockersitzen recht erholsam ist.

 

Der Saal füllt sich. Geschlossen trudeln erste Fraktionen ein, werden geherzt, an der Schnapsbar für den Abend getauft. Es gibt gleich beste Geschenke, Wurst vom glücklichen Landfleischer etwa. Und da ist auch der Imker, er hat Honig dabei. Hm, gefühlt laben sich die Docs bereits an allem. An der Leckerwurst, am goldenen Honig. Doch zunächst locken dick gefüllte Grillspieße an Pelmeni. Futterduft wird wie göttlicher Odem eingesogen. Es darf gespeist werden. All in!

 

 

 

Zuverlässig wie ein Miloproschenskojer Uhrwerk legt Pichelstein mit aufgepumpten Oberarmen nach Verdauungsschnäpsen los: „Da hält der Wind den Atem an.“ Die Gitarre wird ordentlich geschrubbt, scheppert süß, hart, selig, Makarios gibt Donnerstimmlagen hinzu, die Beschreibungen des pratajevschen Landlebens kulminieren gleich mit den ersten Hits. Wir denken an „Wodka Wodka“, „Jeder Schluck“, „Der Starke“, „Das Idyll“ … so weit so gut und Heftigkeit kennt wie immer keine Docs-Grenzen.

 

Die erste satte, laute, beifallstürmische Stunde verrinnt, die Weixdorf-Chöre sind Fest und Ansporn zugleich, befeiern den Kulinarik-Block, die ein oder andere Nudelpackung wird im Geiste aufgerissen, Holzlöffel werden geschwenkt. Unter bester Gefolge-Stimmung ruft Makarios schließlich die erste Schnapsbar auf - Pause für 11,5 brandenburgische Minusminuten. Schweißnass pusten beide Docs durch, signieren Platten, spenden Rauchopfer, lauschen Gänsen nicht beim Braten, sondern an der frischen Luft.   

 

Gestärkt, bestens bei Kräften, kündigt Makarios den zweiten Konzertteil an. Die Bühne hat sich leicht verändert. Zwei Hocker stehen bereit, es wird besinnlich. Wie einst im Mai 2024 zu Pirna, beim Imker, wo das allererste Teilsitzkonzert begangen wurde.

 

 

 

„Das Lied vom guten Leben“ ziert den Anfang. „Man weiß nicht, wie es geht“, folgt. Überleitend zur Weltpremiere,  zum Hauptthema Nummer 1 des Opernstücks „Der schwarzen Stuhl“. Pichelstein gibt darunter den sanften Saitenputzer, Makarios Stimme gemahnt ein wenig an die whiskey-rauchig-erarbeitete Intonierung eines Leonard Cohen. Mit den „Junge Burschen“ nimmt der Block Fahrt auf; die nächste Weltpremiere lautet „Der Imker“. Im Gegensatz zum „Schwarzen Stuhl“ gänzlich unerprobt, dafür aber äußerst gut!

 

Mit dem Ende des sattsam bekannten Fetischblocks stehen sie wieder auf zwei Beinen, die Erben Pratajevs. Es folgt die nächste Hitparade, werden Set-Wünsche aufgenommen. Eine ganze halbe Stunde lang. Pimaldaumen. Oder länger. Wodkagläser werden zur Bühne balanciert, Zeit fürs Ende, für die nächste Schnapsbar. Doch denkste. Zugaben müssen her, es werden einige, dann geht wirklich wenig mehr.      

 

Schon ist der Tag umgeblättert, nach und nach leert sich der Saal. Die Docs-Schlüssel zur Ferienwohnung sind verteilt. Letzte Kaltgetränke stapeln sich, die Welt erweist sich mal wieder als äußerst freundlich und gerecht. Das muss an Abenden wie heute liegen. Anders ist es nicht zu erklären.

 

 

Fotodanke: Der Imker

 

 

 

26.12.2024 Leipzig/Stallwache, Bulbash Masters V

Ärzte ohne Bremsen (484)

 

Die Jahre wüten durch die Lande, schon ist Weihnachten 2024 beinahe wieder vorbei. Um dem Abriss eine würdige Rauhnächte-Note zu verpassen, geht’s für die Docs heute erneut in die ausverkaufte Stallwache. Anlass: Frank The Tank, der Wodkalord reinsten Wassers, bittet zu den 5. Bulbash-Masters. Eigentlich gemeinsam mit Gastleser M. Kruppe geplant, doch der erwies sich kurzerhand als zu schwach auf der Zunge und somit als entschuldigt unpässlich.

 

Pichelstein rollt den Sportgolf über den vernebelten Westwerk-Fußgängerweg. Junge Sektmenschen aus vielleicht Stuttgart, also mit rein touristischem Migrationshintergrund, hüpfen zur Seite. Sie alle tragen wollene Eierwärmermützen (Kopf bedeckt, Ohren frei, weil man das bei Minusgraden so macht) und sehen unfreiwillig drollig aus. Rasch wird die Backline mit freundlichster Pirna-Hilfe über den Innenhof Richtung Wache geschleppt. Warum das heute so ist, weiß bereits die Polizei. Das von Richtern oft belächelte Räuberunwesen macht vor nichts Halt. Nur kommt es eben nicht so leicht durch Stahltüren, wie durch jene in der Stallwache. Ärgerlich nur, dass auch verbogene Türen ersetzt oder zumindest repariert werden müssen. Letzteres geschieht zwar gerade, dauert aber noch. So ist der Weg über die Innentreppe das Ziel.

 

 

 

Noch ein kommareicher Ritt über das Räuberwesen: Das Gute ist sich selbst genug, das Böse beständig unterwegs, um das Gute zu bestehlen, wenn nicht gar schlimmeres dabei rauskommt. Und: Da sich das Abhacken der rechten Hand, wie es die Hadd-Strafe für Diebstahl in den Koransuren vorsieht, in Leipzig-Plagwitz noch nicht durchgesetzt hat, gilt zumindest (beim Erwischen auf frischer Tat): Goethes Faustrecht.

 

Pichelstein parkt und verlässt den Sportgolf nicht ohne weitere Hindernisse. Ein räudiger Hund, einer Klobürste ähnelnd, knurrt. Ein dran ziehender, indolenter Gossenmann-Fashionista mit Wursthaar auf dem Dreadlocks-Kopf, macht ein Gesicht wie ein alter Dielenboden, wünscht „Frohes Fest“ und verlangt dafür zwei Euro. Was bleibt, ist die stete Hoffnung, dass es Satire ist. Wie bei „Bauer sucht Frau“, wenn der Güllebaron der Hofdame auf die Pelle rückt. Aber auch das ist keine Satire, sondern ein bluternstes RTL-Format. Jetzt aber rein zum Bühnenaufbau, zum reichlich verdienten Start-up-Kaltgetränk.

 

 

 

Teamwork makes Dreamwork, Frank The Tank schafft die Anlage heran, Makarios und Pichelstein brüten lange im Endstufe-Boxen-Leistungskurs. Letzthin ist es mal wieder der eine Knopf im Schalterwerk, der zuletzt gedrückt zum Ziel führt. Dem folgenden Soundcheck wohnen anzeigeaufnehmende Polizisten aus bereits genannten Gründen bei. Das gab es bisher auch noch nicht. Alle haben Spaß, am Ende wird sich ein tolles Konzert, ein schöner Abend gewünscht. Die Bühne steht, Barmaid Paula mit der Lizenz zum Begeistern, schenkt nach, halb voll ist’s bereits im Rund, leise Musik glimmt wie ein akustisches Lagerfeuer auf den Trommelfellen. 

 

Geschenke! Es gibt so viele Gäste-Geschenke wie lange nicht an einem Konzertabend. Das muss an Weihnachten liegen. Die Auswahl reicht von selbstgeschaffenen Keksen, ebensolchen Marmeladen über Honig von Pirnaer Bienenvölkern, einer Comeback-LP (davon gibt es ja einige) von Howard Carpendale, eingeschweißtem Speck (nachgereicht wurden Ursprungsbilder glücklicher, recht haariger Säue in artgerechter Haltung), Glühwein von der Hirschberger Drogerie Bahner bis hin zu gerahmten Fotos. Vielen Dank an dieser Stelle, die mit folgender Tagebuchlyrik Helga Bauers gefeiert werden soll: „Das Leben ist bloß eine kurze Reise, genieße sie, wann und wo auch immer. Doch denke stets daran: Nimm alle Geschenke mit nach Hause.“  

 

 

 

Proppenvoll ist schließlich die Stallwache, manches Wodkabrett schon nicht mehr. Alle halten sich schadlos, viele an der Bar, um sich von Paula einen guten Schlag eingießen zu lassen. Ein Mann mit barocker Erscheinung ruft pfeiferauchend, mit überschwappendem Glas: „Ärzte ohne Bremsen, los jetzt hier.“ Gesagt, getan. Da zuckt kein Nerv, kein Muskel, da ist alles fokussiert; Doctoren schauen traulich in die Runde, Pichelstein greift mit Schmackes in die Saiten: „Da hält der Wind der Atem an!“

 

Ein Konzertabend wie geschnitten Brot, innen fluffig und außen gut bei Kruste, nimmt seinen Lauf. Makarios gibt Pratajevs Chroniken zum Besten, pfannenfertig serviert Doc Pi. passende Akkorde dazu. Geboten wird das, was alle erwarten: Mitsingbare Weisen zum Tosen, zum Beklatschen. Vom Landleben über die Kulinarik bis zum Medizin- und Fetischblock werden Phantasien auf Reisen geschickt. Zwischendrin schult Frank The Tank auf Bombastico-Bühnen-Lieferando um. Wodkagläser scheppern aneinander, nützt ja nichts, runter mit dem Promillewasser. Knappe 1,5 Stunden geht das bis zur ersten Schnapsbar so. Dann ruft die bestuhlte Geschenkeecke neben der Bühne. Versonnen blicken die Docs drein und wappnen sich für die nächste Spielerunde.

 

 

 

Nach dem Päuschen übergibt Makarios das Zepter dem Experimentier-Direktor in Sachen Öl, Acryl, Leinwand: Jasper Fryth. Die Versteigerung der restlichen Originalwerke des doctoresken Jahreskalenders 2024 – samt schwesterlich-schwarzem Stuhlweitblick auf eine junge Opernheldin – steht an. Mit einer Familienpackung Entschlossenheit wird zugegriffen; das Hauptwerk mag indes bald in Pirna zu bestaunen sein.

 

„Fürchte dich nicht vor der Flasche“ – weiter geht’s mit kontrolliertem Übermut, der fürs Erste in einer brutalen Pichelstein-Einzelleistung bei der „Harten Wirtin“ mündet. Damit nicht genug. Selbst beim „Gärtner“, bei den „Toten Katzen“, beim „Biber“ gehen die Soli-Zäpfchen ab und paaren sich mit Makarios‘ Gesangsvolumen als akustische Umarmungen.

 

 

 

Schnapsbar, die Zweite! Zugaben, die Erste! Es reicht allerdings nur noch für „Geh heme meine Kleene“ – dann ist das Bühnenleben nach mehr als zwei Stunden ausgehaucht. Es folgen schönste Gespräche, leckere Paula-Drinks. Bis es Zeit ist, die Biege zu machen. Für die Bereitstellung eines Nebel-Taxis müssen keine Stoßseufzer ins Telefon entlassen werden, die Zentrale ist gleich dran, der Wagen wartet vor der Wache. Wo es knapp über den Köpfen der Stadt knallt und scheppert. Ja, die kriegsgeilen Vor-Sylvesterböller-Neunmaldummen, mutmaßliche Helden einer untergegangenen Männerwelt, gehen bereits seit Tagen ungestraft steil. Des Teufels rußiger Bruder, ein stets besoffener Handchirurg mit dem Spitznamen „Zeigefinger des Todes“, möge sie alle holen.

 

Fotodanke: Ronny Schneider, SEB, Paschka Parlierowna

 

  1. 09.11.2024 Leipzig/Privat in der Stallwache
  2. 26.10.2024 Markkleeberg-Gaschwitz/Reuters Radlerhof
  3. 28.09.2024 Leipzig/Frau Krause
  4. 27.09.2024 Solidarische Landwirtschaft (Solawi) Langendorf/Erntedank

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