• home
  • bio_logie
  • nächste auf_tritte
  • tour_tagebuch
  • disko_grafie
  • biblio_grafie
  • prawda
  • impressum
  •  
  • >>pratajev_bibliothek>>
  • >>pratajev_gesellschaft>>
  • >>videos_youtube>>
  • >>groß_markt>>

tour_tagebuch

30.08.2025 Kulturfabrik Lina Koch / Ebersbach-Neugersdorf

Tschechische Liebe ist Gulasch (494)

 

29 Stockwerke hat das Chemnitzer Congress Hotel, im 14. und 15. sind die Docs einquartiert. Damit niemand aus den Fenstern hüpft, lassen sie sich nur einen Spaltbreit öffnen, die Flurbalkone sind komplett verriegelt. Sprangen denn einst ohne derlei Maßnahmen viele Menschen nach unten? Reisten extra dafür an? Wurden berühmt für Chemnitzer Fensterstürze wie einst und mehrfach in Prag? In der bildhaft ausgestellten Lobby-Historiensammlung ist darüber nichts in Erfahrung zu bringen. Nun denn. Wer jedenfalls beim niederträchtigen Tabakverbrennen im Zimmer erwischt wird, zahlt 500 EUR Strafzoll, so die stahlharte Warnung. Also muss jedes Rauchopfer mit langen Fahrstuhlreisen begangen werden; erst am nächsten Morgen wird den Doctoren gewahr, dass es Nahe des Frühstücksrestaurants, in der 26. Etage, geheime Wege zu einem aschenbecherreichen Balkon gibt. Na wunderbar. Hier das Panorama: 

 

 

Gefrühstückt wird mitsamt des gestrigen Vorbereitungskomitees, mit Paschka Parlierowna und dem Veterinär. Es mundet bei bestem Service. Wer prima im Slalom ist, schafft es besonders kaprizierte Gäste am Buffet, an der Kaffeekuh-Maschine hinter sich zu lassen. Dann: Taschen packen, ins Auto damit. Pichelstein startet den Motor, rauf geht’s auf die Autobahn Richtung Dresden, Bautzen, zur Stauverhinderung teils durchs Land der (dämlicherweise freien) Sachsen. Fernziel ist das Lausitzer Bergland, im äußersten DDR-Zipfel verortet, genauer: die Kulturfabrik Lina Koch in Ebersbach-Neugersdorf. Nahziel sind ein paar Einkäufe in der tschechischen Nachbarschaft, vor allem aber ein leckeres Gulasch, wird doch der heutige Abend ein kulinarisch-veganer sein. Wer möchte das schon? Eben. 

 

Problem: Wer sich in der Gegend nicht auskennt, wird lange brauchen, um auf eine gute Gulasch-Lokation zu treffen. Kilometer um Kilometer durchfahren die Docs endlose Waldgebiete, erreichen Kleinstädte wie Jiříkov, Rumburk. Hineinfahren geht nicht, überall scheinen heute Feuerwehrfeste für Kinder und spätere Brandstifter zu sein. Ganze Straßenzüge sind deswegen gesperrt. Pichelstein schmollt, der Magen knurrt, Makarios verbreitet wie eh und immer Hoffnung. Vor jeder geschlossenen Spelunke, die nach und nach angesteuert wird. Denn ein Navi sagt einem nicht, warum eine Stätte wegen was auch immer geschlossen ist. Es stellt fest, dass geöffnet ist. Und irrt vorzüglich. Man hört es fast kichern. Dann! Oh Wunder! Makarios explodiert: „Fahr links ran, scharf rein, bremsen, mein Doctor!“ Rettung, ein Holzhaus, Schirmchen und Bänke stehen unter der Sonne, eine heilsbringende Kellnerin grinst übers gute Gesicht. Gulasch, tschechische Liebe, frisch gemachter Palatschinken mit Erdbeermarmelade an Sahne. Gerade zur finalen, rechten Zeit. Alles: "Wie Sie winschen". Mit dreifachem i.      

 

 

Herrlich satt, aufgefüllt mit Kippen, Getränken wird anschließend Quartier in der Pension Spreequelle in Neugersdorf bezogen. Die gestrenge Herbergsmutter begrüßt die Docs, weist auf das Schuhverbot im Umgebindehaus hin, führt anschließend (auf Socken) ins Doppelzimmer 2 und dann, wie schön, wird heftig mit dem Raucherareal plus Fernblick auf eine der nahen Spreequellen angegeben. 

 

Leichter Regen zieht auf, ein ferngrummelndes Wetterleuchten folgt, abwechselnd kommt wieder die Sonne durch. Zwischendurch ist es diesig, klingt schöner als bewölkt. Eine willkommene Abwechslung, mündend im knackigen Mittagsschlaf. 

 

 

Gegen 18 Uhr treffen die Docs am Open Air-Areal der Kulturfabrik ein. Die ehemalige Textil-Industriebrache an der Breitscheidt-Straße, geschichtlich auf Helene Lina Koch (als zeitweise Besitzerin) zurückzuführen, kulminierte in den letzten Jahren zu einem Kultur-Hotspot. Motto des heutigen Konzertes ist das seit gestern laufende Festival „50 Stunden“ – Musik – Feiern – Freude". Geladen sind neben den Docs noch Lizard Pool und zwei weitere Bands. Wie auch Gäste, die sich am Ende alle kennen werden. Hervorzuheben sind deutlich sechs Doctors-Getreue; Berlins Eademakow führt den Reigen an. Danke an dieser Stelle für die verkorkte, gebrannte Marille. 

 

 

Kaltgetränke fließen, Friends of Rosenthal beglücken in bester Razzia-Manier das Rund, Hunde bellen, als 2. Act dürfen – nach einem Line-Check - die Docs ran: Da hält der Wind den Atem an! Keine Kappe bleibt trocken, keine Katze am Baum, kurzum: Ein rasantes Stundenkonzert ufert im Zugabeblock aus. Und da niemand bis zur letzten Weise einen Wodka zur Bühne trägt, wird die finale Schnapsbar sehr traurig, bewegend, ja äußerst langmütig gezupft, gespielt, besungen.

 

Nass wie zwei Otter verlassen die Docs die Bühne, machen Platz für eine Emo-Grunge-artige Formation, deren rekordverdächtiger Soundcheck die nächsten Stunden prägen wird. Der sehr viel spätere Aufritt der Lizards wird den Docs erst auf dem Balkon der Pension Spreequelle feilgeboten. So gegen Mitternacht beim A-Ton-Geschepper einer imaginären Kuhglocke. 

 

 

Fotodank: Paschka P., Vince 

    

29.08.2025 Chemnitz / Bar:kombinat

Ausflug in die stahlgehärtete Kulturhauptstadt (493)

 

Die Tage werden kürzer, die Natur lockt bunter. Am Himmel rackert die Sonne. Kaum musste Doctor Pichelstein seinen äußerst gelungenen Norderney-Urlaub beenden, ruft die Kulturhauptstadt Chemnitz. Lange ein Doctors-Hotspot, in den letzten Jahren nicht mehr, was dem Clubsterben der Post-Corona-Zeit geschuldet war. Umso schöner, dass sich zwei wahre Heroen der Pratajev Gesellschaft e.V., Paschka Parlierowna, MG Nr. 90, Funktionen: Kunstschweißerin (Trägerin des Rostigen Bleches in allen Rostgraden), Borschtsch-Köchin mit eigenem Friedhof, Semiprofessionelle Briefmarken- und Banknotenfälscherin (aus der Linie des Pseudodimitri II., Hochstaplerdynastie am Zarenhof) und der schlicht Veterinär geheißene Veterinär (EMG Nr. 46) in seiner Funktion als (Überraschung) Veterinär ins Bar:kombinat an der Theaterstraße einmieten konnten.

 

 

 

Nachmittags geht’s mit doppelter Ersatzwäsche durch den vollgestopften Leipziger Westen los; zwei Konzerte sind es an diesem Wochenende. Samstag wird ein Oberlausitz-Ausflug an den äußersten Zipfel des ehemaligen DDR-Staatsgebiets drangehangen. Dorthin führt die Reise, wo an Wochenenden reichskriegsbeflaggte Mehrgenerationen-B96-Wutbürger herumlungern. Was treibt sie nur an? Woran leiden sie inmitten einer grundguten, malerischen und preiswerten Umgebung (eingekauft, getankt werden kann gerne wenige Meter hinter der tschechischen oder polnischen Grenze)? Leiden sie an Persönlichkeitsstörungen? Nein, dafür fehlt ihnen schlichtweg die Basis. 

 

Eines hat sich seit der Anreise zu den letzten Chemnitz-Konzerten, etwa ins Flowerpower oder ins Subway to Peter, nicht geändert. Die durch Planungsversagen, brüchigem Teer, Korruption, dem freiwilligen, wenn nicht gar unfreiwilligen Brückensprung eines geldflussleitenden Tiefbauamtlers belastete A72 ist immer noch nicht fertig. 2006 sollte sie ans Netz gehen. 2028 könnte mit viel Konjunktiv nach süditalienischer Art ein letzter Lückenschluss begossen werden. Es sei denn, es tauchen zu allem Überfluss noch umzusiedelnde Kammmolche, Gelbbauchunken, Wutbürger und Feldhamster auf.  

 

 

 

Von keinem mobilen Verkehrsblitzer erleuchtet, biegen bockwurstgestählte Docs im zweiten Versuch in die richtige Ziel-erreicht-Straße ein. Der vorherige Fehlversuch darf dem Navi angekreidet werden. Augen auf, Navi aus ist manchmal die bessere Alternative. Sei’s drum, Auto am Bar-Würfel geparkt, viele Hände, schnelles Ende, die Backline ruht an der Bühnenecke, Kaltgetränke laufen, schäumen aus dem Zapfhahn, draußen sitzen, in die Sonne blinzeln, Wespen wegfuchteln, tolle Leute kennenlernen, wiedersehen, Geschenke in Empfang nehmen: Lutscher, KI-generierte Pratajev-Gedichte (die gibt es wirklich), russische Getränke, wissenswertes für Doc Pichelstein in Buchform (Nikolai Ostrowski: "Wie der Stahl gehärtet wurde"). Was will man mehr? 

 

Das vorgefundene Interieur im Bar:kombinat greift modernsten DDR-Vibe auf, urige Kulturhausmomente, all das. Emsig wird am Bühnenaufbau gebastelt - bis der Master of Sound zur Mikrofonprobe ruft. Rasch muss es gehen, die Lokation füllt sich mit zuvor am Eintritt Schlagestehenden.    

 

 

 

Wie eh und je vergolden die Docs auch den heutigen Soundcheck mit Anekdoten und angespielten Reserve-Liedern, Pichelstein trällert dazu aus dem Watzmann-Rustikal: „Wie schallt's von der Höh'? Hollaröhdulliöh!“ Mittenmang wird der Ton eingestellt, werden die Monitore gefüttert. Was übrigens ganz furchtbar für alle Beteiligten ist, sind Tonproben, in denen der eigentlich singende Frontmann dieses oder ähnliches Gewürge von sich gibt: „Check, Check, eins, zwei, Hallo, hört man mich? Huhu, Check, Check, eins, zwei … Monitor muss lauter, Gitarre muss leiser. Check, check, oh yeah, Baby, ööööööh, üüüüüü, Hallo, hört man mich?!“ Die Idee, das mal mitzuschneiden und auf einem Soundcheck-Kanal in den Sozialen Medien hochzuladen, hatte bisher noch keiner. Ist ja auch nur eine Idee. 

 

Dann geht’s los, das Intro läuft, das Pratajev-Hochamt beginnt wie zuletzt immer mit dem Wind, der den Atem anhält. Makarios führt beschwingt durchs Set, Medikation: Tonic mit Spritz. Pichelstein zerschneidet die Luft mit messerscharfen Saitenklängen, Medikation: Gerstensaft. Nach beinahe jedem schnapslastigen Lied wird Feuerwasser aus der Truhe gereicht.  Wo ein Wille ist, ist auch ein Doctor. Und noch einer. Runter damit, Danke dafür. Erstaunlicher Rundblick im Kulinarik-Block: Heute gewinnt deutlich die Nudel- vor der Holzlöffler-Fraktion. Mindestens zehn Schwenkpackungen! Wenn nicht gar mehr.  

 

 

 

Bis zur Halbzeitpause verrinnen insgesamt ca. 1,5 Stunden. Bevor es an die Schnapsbar geht, muss es die berauchbare Frischuftbar sein. Gebadet im Schweiße, kaum getrocknet lockt die Fortsetzung des Programms. Ausufernd nimmt Makarios eine ganze Horde Feldmänner, den Käferzähler, die Schwimmerin, einen Baffen, den Gärtner usw. mit auf Reisen. Nur einer bleibt zurück, es ist der Faule. Hinein geht’s ins Tierreich der Katzen, Ratten, Biber, die Menschen tragen vom Opa bis zum kleinsten Baby einen Schlips aus Lurch, die Bar kocht, jubiliert, den Kühen geht’s gut, die nächste Schnapsbar führt direkt in den Zugabeblock hinein. Auf Zuruf folgen Hymnen wie „Tasche“, „Gelber Fettfrosch“, „Löcher im Strumpf“. Dann muss es gut sein, so gut, dass der musikalische Abend für gelungen erklärt wird und walzertanzend an den DJ übergeben werden darf.

 

Noch eine Weile sitzen, schwatzen, letzte Vinylplatten (alle Auflagen sind seit heute vergriffen, Hallo, Major Label!) signieren, noch kleine Getränke genießen, ein paar große dazu. Dann nichts wie ins Congress Hotel, gleich um die Ecke verortet. Danke, liebe Kulturhauptstadtgemeinde, liebe Menschen des Bar:kombinat, liebe eingangs erwähnten Mitglieder der Pratajev-Gesellschaft e.V., liebe Mitglieder der Pratajev-Gesellschaft e.V., die eingangs nicht erwähnt wurden und: Liebe alle - es war uns ein Fest. 

 

Fotodanke: Sven Eulitz, Paschka P. 

 

 

 

  1. 02.08.2025 Hofnacht Pirna/Uniwerk
  2. 29.06.2025 Elbhangfest/Grottenwirtschaft
  3. 28.06.2025 Bad Lausick, OT Lauterbach/Privat im Dorfgemeinschaftshaus
  4. 31.05.2025 Pirna/Privat im Elfengarten

Unterkategorien

  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
  • 6
  • 7
  • 8
  • 9
  • 10
impressum + Kontakt