Eierlikör-Ultras (472)

 

Ein Konzert, so mitten in der Woche, ist doch mal was Schönes. Als Krönung geht’s für die Docs an nassforschen Hupfdohlen vorbei in die Leipziger Frau Krause. Raus aus dem irgendwie geölten, wenig blockbuster-tauglichem Alltag, rein ins Vergnügen. Der Anlass: Achims 60. Geburtstag. Pichelstein am Steuer, Makarios auf dem Sozius. Poetisch könnte die frühe Abendstimmung diese Beschreibung finden: Ein grauer Tag mündet in einem Abend, an dem es länger hell ist. Goldene Worte!

 

Noch goldener ist ein Parkplatz direkt vor der Frau Krause, ein Lottogewinn, und er wird wahr. Zumal der Tourgolf heute bestimmt nicht mehr irgendwohin gelenkt werden darf. Ein Krause-Abend ist einfach mal kein Butterteeabend. Das wissen auch die Eierlikör-Ultras vom Stammtisch. Erst mal ein großes „Hallo“ dorthin, an Maestro Peter und Kollegen. Schon schmurgelt der Zapfhahn für ein paar erlesene Kaltgetränke.

 

 

 

An der Bühne steht bereits ein Mischpult aus den 90er-Jahren. Nicht jeder Kanal funktioniert, doch immerhin ist das Pult real und hängt nicht führerlos in einer Cloud wie Weltraumschrott herum. Nach einem kleinen Soundcheck läuft alles bestens.

 

Aus Kniewehgründen wird Doc Makarios die heutige Pratajev-Sause größtenteils auf einem Barhocker verbringen, was die imaginäre Setlist keineswegs behäbiger oder gar meditativer macht. Dafür sorgt schon Gitarrenpistolero Pichelstein.

 

Die Krause füllt sich, es lebe Achim! Sein Durst- und Liebe-Geschenketisch ist rasch zum Bersten befüllt. Eine Dorte ist nicht dabei, wie gut, dass es eskalierende Docs gibt. Und Pizza. Und einen das alles harmonisch verdauen lassenden Becherovka. Derart gestärkt kann die Abendlage losgehen.

 

 

 

Die Show beginnt mit einem Beatles-Pianisten samt Geburtstagschor, stante pede geht der Staffelstab an die Docs über. „Da hält der Wind den Atem an!“ Gleich hinterher? Na was wohl? Genau: „Gugge ma, dorte, die Dorte“, „Wodka, Wodka,“ alles auf eine Hitkarte gesetzt, läuft.

 

Ein feines Geschenk gibt’s zwischendurch, Stoffratte Nummer 2 mit Herz. Dafür großes Danke. Wir werden sie in Ehren halten. Viel wird sie sehen, durch die Lande tingeln und feiernde Menschen vor der Bühne bestaunen. Wie schon jetzt, denn die Krause kocht. Es wird getanzt, gesungen, getrunken. Schönste Schatten werden durchs Bühnenlicht geworfen, reichhaltiges Nass dahin getragen. Das harte Los der Verehrung trifft die Docs voll und sie nehmen es gerne an. Gegen Ende des Fetisch-Blocks folgt die erste Schnapsbar zur Pause. Pichelstein rubbelt sich zügellos schweißtrocken, Makarios nippt am Rum-Gemisch.    

 

 

 

Die Pflicht zum nächsten vertonten Pratajev-Gedicht ruft 20 Minuten später. Wieder leitet der Beatles-Pianist samt Chor ins Doctoren-Set über. Herrlich. Weiter geht‘s mit dem „Baffen“, der für jede Menge Schnapstabletts als Akt der Selbstfürsorge herhält. Makarios gräbt alte wie neue Liederschätze zur rasanten Saiten-Wanderschaft aus, die nach insgesamt 2,5 Stunden im ruhelosen Zugabeblock mündet. Dann muss es gut sein an diesem Bald-Donnerstag und „Geh heme meine Kleene“ darf als Ohrwürmchen mit nach Hause getragen werden. Noch ein Stündchen verweilen, weil „verweilen“ so ein schönes Wort ist. Wie auch „vorlieb“ – so nehmen die Docs später mit einem Taxifahrer auf Umwegen vorlieb. Ein weiteres schönes Wort ist „Sternenstaub“ – wir alle sind Sternenstaub, der Himmel leuchtet, die Erde auch. Heute besonders schön auf dem Breitengrad Leipzig, Connewitz, Simildenstraße, Frau Krause anzusehen.