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tour_tagebuch

30. November 2012, Leipzig/Frau Krause

Eine weltmeisterliche Löffel-Choreographie oder: Am Ende humpelt immer einer (263)


Doktor Pichelstein überlegt lang: Mit dem Auto zur Frau Krause fahren? Die Straßenbahn nehmen? Doch das Lastentaxi? Letzeres wird gerufen. Weil man nie weiß, wie Frau Krauses Nächte bei Heimspielen enden. Die Jahre 2010 & 2011 noch im Hinterköpfchen. Ein entsprechendes Mantra hatte sich bereits am Abend zuvor durchgesetzt: Egal was passiert, springe bloß nicht von der Bühne und lande wieder in der Notfallklinik. Nur das nicht.

 

Beim Eintreffen in Leipzigs böhmisch-russischer Kulturkneipe wartet bereits Doktor Makarios, wohl gelitten am Stühlesammeltisch. Denn schlau ist heute, wer frühzeitig da ist; eine berüchtigte Ruhe vor dem Sturm knistert in allen Ecken. Auf geht’s zum Soundcheck, während Frau Krause voller und prächtiger gedeiht. Den Pokal der am weitesten gereisten Gäste spielen München, Nürnberg, Wismar und Weimar unter sich aus. Berlin und Potsdam haben keine Chance. Ja wunderbar, Schwarzbrenner Gurt Kaktus betritt mit großen Tüten den Salon. Darinnen: Neuste Pratajev-Schnäpse, frisch aus dem Ballon. Gerne würden wir hier Sorten nennen, doch keine Flasche blieb am Ende voll zurück. Am Merchstand, von Frau Manjoschka Gnatz liebevoll verteilt, ist kein Stehen mehr ohne weiteres möglich. Einerseits schiebt sich die Menge nach vorne, andererseits erledigt leckerer Hustensaft den Rest. Vorm Schnitzelteller der Doktoren hockt derweil ein Schnaps in Gelb, das Staro schmeckt weitere Schmatzer Prag herbei. Ein endlos feines Hallo und Geherze würzt die Szenerie. Draußen werden Gesundheitstüten geraucht, um derer zu gedenken, die plötzliche Schnupfenopfer wurden. Grüße nach Nürnberg an dieser Stelle, beste Genesung dem Harry.

 

 

Beide Doktoren finden sich im Gedränge wieder, huschen auf die Bühne. 21 Uhr 45 MEWZ. Los geht’s mit den Feldmännern, den Gallen, dem idyllischen Landleben, gespickt mit Weltpremieren, denn ab 2013 gibt’s ein neues Programm. Die Platte ist jetzt schon fast fertig. Dann: man traut seinen feuchten Augen kaum. Eine enthusiastische Löffel-Choreographie im Publikum. Pratajevs Herz wäre vor Glück in Stücke gerissen worden. Schwenkende Löffel in allen Winkeln; das Jahresfest des großen Dichters erhält einen unerwarteten Höhepunkt. Fehlt eigentlich nur noch, dass Ehrenmitglied „Tierarzt“ eine Kuh zum Beweis mitbringt. Denn wem geht’s gut? Der Kuh! Und (wie immer) dem Gerrit. Rasend drischt Doktor Pichelstein auf die Gitarrensaiten ein, Funken fliegen. Kurz vorher trat noch ein Publikums-Herausforderer in Sachen „Schnellster Gitarrist von Leipzig-Connewitz“ hervor. Weg ist er. Mit der ersten Schnapsbar geht’s in die wohlverdiente Trinkschlemmerpause. Man will schließlich nicht austrocknen und da isotonische Sportmixgetränke in der Frau Krause grundsätzlich Hausverbot haben, soll’s das ein oder andere Staro sein.

 

 

Im zweiten Block geht’s über die Tiere zum Erich. Denn Erich hat Geburtstag, den 60. Er wünscht sich „Wide Wide World“ von einer sehr befreundeten Leipziger Band. Kein Problem. Der Saal singt lautstark mit. Wie später bei den Katzen und so weiter. Schon droht Verlängerung. Die Zugaben setzen dem Abend, der Nacht die Krone auf. Ein Ohrwurm bleibt mindestens. Vielleicht dieser hier: „So ist’s nun mal auf dieser Welt. Man hat sein Leid zu tragen. Mich wundert gar nichts mehr, mein Freund. Der Schnaps erwärmt den Magen“. „Mein Doktor, können wir das im nächsten Jahr noch toppen?“ fragt später ein humpelnder Erbe Pratajevs den anderen, der heute nicht humpelt. „Nee, na ja, obwohl, eigentlich nicht“. Wollen mal sehen. Um vier Uhr in der Früh sogar doppelt.

 

27. Oktober 2012, Neuendorf/Jugendgästehaus

Heute keine toten Katzen (262)

Wintereinbruch! Kurz vor Abreise muss das Tourauto in die Werkstatt. Energisches Piepen der Kühlwasseranzeige treibt Doktor Pichelstein in den Wahnsinn. Draußen ist es glatt und fies und feucht. Schneenass wird die Backline der Russian Doctors schließlich verladen, los geht’s nach Brandenburg. Kaum zu glauben, dass dort die Sonne scheinen soll. Aber wie könnte es auch anders sein – Baumfreund Ekmels 40. Geburtstag wartet in Neuendorf bei Teschendorf, aus Richtung Oranienburg kommend. Ein erquickender Anlass.

 

Doktor Makarios steckt bereits ein Die Art-Konzert in den Knochen; an den Autobahnrändern tummeln sich liegengebliebene Fahrzeuge. Es läuft die Bundesligakonferenz; jedes Mal, wenn sich Sabine Töpperwien aus Gelsenkirchen meldet, zucken die Glieder unweigerlich zusammen. Die Nachrichten berichten von einem Supersturm namens Sandy. „Der nächste wird dann wohl Peggy heißen“, sagt ein Doktor zum anderen. „Der Rotarmist“ lässt grüßen.

 

Ankunft im brandenburgischen Neuendorf. Die Zeit ist stehen geblieben. Mindestens 20 Jahre. „Hier fahrt ihr bis an den Waldrand und dort nach links den Weg entlang. Nach ca. 250 m seht ihr schon die Auffahrt zum Ferienlagergelände“, verkündet die bezaubernde Navigateuse, nach Studium der Einladungskarte, vom Rücksitz her. Wenig später gleitet das Tourauto vom Weg ab und kommt neben einem Jägerhochsitz zum Stehen. Im Wald. Fehlt nur noch eine depressive Straßenbahn; die Pratajev-Szene wäre komplett. Doch auch so ist’s nebelig, gespenstisch, der Wagen setzt auf. Doktor Pichelstein umkurvt im 10er-Tempo Wolfsfallen-Schlaglöcher. Bloß zurück zur Teerpiste. Erlösung naht. Das Jugendgästehaus wird erreicht. Schnell hinein, zum Baumfreund Ekmel, zur bereits sitzenden Gesellschaft, an die Schnapsbar. Schön hier! Beim Anblick vorhandener Damenwelten weht einem glatt ein Hauch Helga Bauer entgegen. Brandenburger Bierliter werden gereicht. Schnell muss nachgezapft werden, denn ein BBL entspricht in Wahrheit einer Glasfüllmenge von 400 ml.

 

 

Baumfreund Ekmel eröffnet, der Applaus brandet. Nicht nur Kalfs Knoblauch-Lamm ist ein Genuss; die Trauben am Buffet reißen nicht ab. Auf der Bühne singt bereits glockenhell eine zauberhafte Stimme Juwelen vergangener Tonkünste. Die Einstimmung gelingt, draußen lodern die Feuerkelche. Wenn nur sanfte Trauer nicht wäre. Denn vor weniger Zeit schied eine Katze dahin. Die Doctoren werden deshalb gebeten, entsprechendes Liedgut ausnahmsweise heute nicht zu Gehör zu bringen. Was tut man nicht alles. Und trinkt erst mal einen gelben Schnaps in trauter Runde.

 

Dann soll’s losgehen; Makarios und Pichelstein mühen sich mit dem Soundcheck und weil der unnatürlich lange dauert, steht man plötzlich mitten im Konzert. Ohne Getränke, was nicht lang so bleibt. Schon rollt die Erstversorgung, dann erreicht der Nachschub die Erben Pratajevs. So muss es sein. Doch plötzlich. Ein Katzenlied! Keine Sorge, die Botschaft in „Frauen die wie Katzen kreischen“ ist als weitesgehend harmlos zu betrachten. Es geht um Männer, die lieber ins Wirtshaus wandern, statt sich mit kreischenden, betrunkenen Frauen in Gespräche verwickeln zu lassen. Nach der ersten Schnapsbar winkt der Pausentee, locken lodernd die Feuer. Der Schnaps wärmt und mit ihm wird geschwatzt, was das Zeug hält. Dann zurück auf die Bühne für den zweiten Konzertblock. Zustimmungen erreichen Höhepunkte; die Pratajev-Riots in den ersten Reihen singen jede Zeile mit. Traumata werden in den Zugaben verarbeitet („Der dumme Nachbarsjunge“), Das „Lob des Schweines“ beflügelt zum baldigen Grillen eines solchen. Schlussendlich ruft leckerer Kuchen: „Nimm mich“, Luc Stargazer spielen im Anschluss heftig, melodiereich und gerecht.

 

Würde jeder Mensch auf Erden einen so feinen 40. Geburtstag veranstalten, es gäbe keine Not, keinen Hunger, die Völker lägen sich lachend, auch lallend in den Armen. Es herrschte allerorten Weltfrieden. Nicht nur in Neuendorf bei Teschendorf. Vielen Dank lieber Baumfreund Ekmel für diesen Abend, für den Morgen danach und sowieso dafür, dass es Dich gibt.

 

  1. 12. Oktober 2012, Dresden/Chemiefabrik
  2. 11. Oktober 2012, Chemnitz/Flowerpower
  3. 08.Septemer 2012, Schwerin/Stadtkrug
  4. 07.Septemer 2012, Bad Doberan/Moritz-Pub

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