Der Imker (485)
Satte vier Wochen weilte Doc Makarios bis gefühlt eben auf Fuerteventura. So starten die Docs spät ins Konzertjahr und gehen ab sofort wieder ihrer vornehmsten Aufgabe nach: Dem Verkünden der Schriften Pratajevs. Los geht’s gleich mit einem Highlight.
Traditionell führt der noch winterliche Weg ins Waldbad Weixdorf, wo die Dresdener Feiermanufaktur ein Rundumwohlfühlpaket aus Begrüßungswodka, Getränken, Schaschlik, Pelmeni, Fischbrötchen und eben den Docs feilbietet. Wie im letzten Jahr ist die Hütte beinahe ausverkauft. Wobei dem nicht deklinierbaren Beinahe-Wort aus dem Land Adverbien später ein schöneres Umstandswort zum Opfer fällt. Es lautet: komplett. Macht um die 100 zahlende Gäste, die sich allesamt gegenseitig sehr guttun. Draußen leichter Regen, drinnen heftiger Segen. Zum Weltkulturerbe ist es nur ein kleiner Kick.
Bis die Türen öffnen, lassen sich die Docs von einer animierenden Navi-Damenstimme problemlos durch die Lande kutschieren und sind bass erstaunt, als kurz vorm Ziel erörtert wird, dass man das Waldbad Weixdorf nicht mit dem Auto erreichen kann. Die Navi-Dame falschspricht diesen Vorsicht-Satz mehrfach und dringlich in den Wagen hinein, sogar als Pichelstein den Tourgolf direkt vorm Waldbadhaus parkt. Dann gibt sie auf, die Backline wird in den Saal gewuchtet. Eine Kaffeebestellung später ist Techniker Mario bereits mit dem Aufbau der Anlage zur Beschallung des Publikums beschäftigt, steht der Soundcheck an. Und weil der Mario alles andere als ein Pirnaer Hobbyphilosoph ist, klappt alles wie geträumt.
Es bleibt sogar noch Zeit für eine kleine Probe. Die Docs proben ja selten bis gar nicht. Wenn überhaupt, dann vorm Konzert. Was gut ist, wurde doch fürs Jahr 2025 eben erst die mögliche Setlist angepasst, ein Sitzteil erdacht, weil mittenmang ein bisschen Hockersitzen recht erholsam ist.
Der Saal füllt sich. Geschlossen trudeln erste Fraktionen ein, werden geherzt, an der Schnapsbar für den Abend getauft. Es gibt gleich beste Geschenke, Wurst vom glücklichen Landfleischer etwa. Und da ist auch der Imker, er hat Honig dabei. Hm, gefühlt laben sich die Docs bereits an allem. An der Leckerwurst, am goldenen Honig. Doch zunächst locken dick gefüllte Grillspieße an Pelmeni. Futterduft wird wie göttlicher Odem eingesogen. Es darf gespeist werden. All in!
Zuverlässig wie ein Miloproschenskojer Uhrwerk legt Pichelstein mit aufgepumpten Oberarmen nach Verdauungsschnäpsen los: „Da hält der Wind den Atem an.“ Die Gitarre wird ordentlich geschrubbt, scheppert süß, hart, selig, Makarios gibt Donnerstimmlagen hinzu, die Beschreibungen des pratajevschen Landlebens kulminieren gleich mit den ersten Hits. Wir denken an „Wodka Wodka“, „Jeder Schluck“, „Der Starke“, „Das Idyll“ … so weit so gut und Heftigkeit kennt wie immer keine Docs-Grenzen.
Die erste satte, laute, beifallstürmische Stunde verrinnt, die Weixdorf-Chöre sind Fest und Ansporn zugleich, befeiern den Kulinarik-Block, die ein oder andere Nudelpackung wird im Geiste aufgerissen, Holzlöffel werden geschwenkt. Unter bester Gefolge-Stimmung ruft Makarios schließlich die erste Schnapsbar auf - Pause für 11,5 brandenburgische Minusminuten. Schweißnass pusten beide Docs durch, signieren Platten, spenden Rauchopfer, lauschen Gänsen nicht beim Braten, sondern an der frischen Luft.
Gestärkt, bestens bei Kräften, kündigt Makarios den zweiten Konzertteil an. Die Bühne hat sich leicht verändert. Zwei Hocker stehen bereit, es wird besinnlich. Wie einst im Mai 2024 zu Pirna, beim Imker, wo das allererste Teilsitzkonzert begangen wurde.
„Das Lied vom guten Leben“ ziert den Anfang. „Man weiß nicht, wie es geht“, folgt. Überleitend zur Weltpremiere, zum Hauptthema Nummer 1 des Opernstücks „Der schwarzen Stuhl“. Pichelstein gibt darunter den sanften Saitenputzer, Makarios Stimme gemahnt ein wenig an die whiskey-rauchig-erarbeitete Intonierung eines Leonard Cohen. Mit den „Junge Burschen“ nimmt der Block Fahrt auf; die nächste Weltpremiere lautet „Der Imker“. Im Gegensatz zum „Schwarzen Stuhl“ gänzlich unerprobt, dafür aber äußerst gut!
Mit dem Ende des sattsam bekannten Fetischblocks stehen sie wieder auf zwei Beinen, die Erben Pratajevs. Es folgt die nächste Hitparade, werden Set-Wünsche aufgenommen. Eine ganze halbe Stunde lang. Pimaldaumen. Oder länger. Wodkagläser werden zur Bühne balanciert, Zeit fürs Ende, für die nächste Schnapsbar. Doch denkste. Zugaben müssen her, es werden einige, dann geht wirklich wenig mehr.
Schon ist der Tag umgeblättert, nach und nach leert sich der Saal. Die Docs-Schlüssel zur Ferienwohnung sind verteilt. Letzte Kaltgetränke stapeln sich, die Welt erweist sich mal wieder als äußerst freundlich und gerecht. Das muss an Abenden wie heute liegen. Anders ist es nicht zu erklären.
Fotodanke: Der Imker