Research Fellows, Back Officers, Core-Teams: Hoch den Josef! (338)
Ein Mittwochabend im Leipziger Grafikerviertel und die Zeit der Weihnachtsfeiern macht auch vor den Doctors nicht Halt. Für Unkundige: a) örtlich wird hier die Leipziger SOKO gedreht, das vormalige UpArt-Büro ist nicht fern, bis Weltkrieg II tummelte sich Tür an Tür reichlich renommiertes Verlagswesen und b) Weihnachtsfeiern finden vor dem 24.12. eines jeden Jahres statt, um auch außerhalb des Büros die Trinkgewohnheiten der Kollegen intensiver kennenzulernen. Mitten in der Woche. Da reicht Doctor Pichelstein für den nächsten Tag besser einen Urlaubsschein ein. Das Experiment: Nach einem Doctors-Konzert, vielleicht mit dem Weckerschlag sieben, zu irgendeiner weiteren Arbeit zu müssen, hat es im Übrigen noch nie gegeben. Besser ist das.
Der Konzertanlass ist schnell erzählt: Deutschlands innovativste Denkfabrik, angeführt u.a. vom verehrten Pratajev-Ehrenmitglied Winogradow, mietete sich ins Poniatowski ein (Leipzigs No-1-Adresse für polnische Spezialitäten in fester wie flüssiger Form), Hand-Out folgte per E-Post (Auszug: 17 Uhr: Ankunft der Doctoren, 18:15 Essen, Essen, Essen: alles á la carte usw) und schon gibt’s volle Gläser mit dem Stillen Josef drin. Das ist ein ganz herrlicher Wodka, der sich einst an reinstem Roggen rieb und keinem Kartoffelkäfer zu nahe kam. Die Frage, warum Doctor Pichelstein am nächsten Tag eine ganze Flasche davon im Auto fand, muss indes unbeantwortet bleiben. Wichtiger war und ist es ja auch, selbst die Nacht nicht im Auto zu verbringen. Aber! Passiert nicht, denn die Doctors fanden bekanntlich vor einiger Zeit in Fürst Fedja einen wahren Hirten, einen Retter, der die Not immer kommen sieht und sie gar nicht erst zulässt. Schlagzeilen wie „Russischer Doctor auf dem Weg zum Klo verschwunden“, „Russischer Doctor auf Parkbank gefunden“ oder „Russischer Doctor erleidet Trauma in Senioren-FKK“ finden somit gar nicht statt.

Anderes findet hingegen gerne statt: Die Eröffnung der Weihnachtsfeier. Der General Manger, die Free Agents (um den US-Sport-Jargon zu bemühen), hochwohlgeborene Mitglieder der Pratajev-Gesellschaft, alle werden befeiert. Es folgen volle Teller, volle Gläser und dann wird daraus was? Genau. Noch vollere Teller, noch vollere Gläser. Beizeiten schauen sich Makarios und Pichelstein an: „Warum sind wir nochmal hier? Ist so gemütlich.“ Aber nun, ab in die Kellerbar. Schlag 20 Uhr stehen die Herzensteams Pate, beginnt der Reigen. Pratajevs Landleben blüht mitten im Winter auf. Eine Freude ist’s und zwischendrin wird Winogradow von den Doctoren eine echte, endemische Stolle verliehen. Möge sie sehr gemundet haben. Weiter geht’s in den Fetisch-Block, zur Harten Wirtin und ja, natürlich, Pichelstein gewinnt die Krone des „schnellsten Akustikgitarristen aus Leipzig-Süd-Ost“.

Es folgt der vollmundig angekündigte und vorab herrlich ausklamüserte „Pratajev-Rezitationswettbewerb“. Die einmalige Chance eines jeden Fellows, einer jeden Back-Officerin großes Können in russischer Vortragskunst unter Vertrag, bzw. unter Beweis zu stellen. Vor großem Publikum, und los geht. Die fachkundige Jury besteht aus den Herren Fürst Fedja, Makarios und Pichelstein. Letzter übernimmt die Moderation in klarstem East-Coast-Slang. Zwischendrin fließt der Josef. Auch wenn er den Beinamen „Stiller“ auf dem Label trägt, so sorgt er eindeutig für gegenteilige Geräuschpegel im Rund. Sehr gut.
Am Ende der Zeremonie wird gewonnen, zerronnen und wieder gewonnen. Weiter geht’s mit dem Konzert, mit dem Rotarmisten, dem Wind, der den Atem anhält. Frösche folgen Bibern, Hennen und Katzen und in der Zugabe? Weiß der arme Sünder, was noch gespielt, was noch vertrunken wird, resp. wurde. Winogradow schnallt sich zuletzt einen Sechs-Saiter aufs Knie und legt mit voller Kufe, in einer Melange aus Neil Young feat. Hannes Wader, los. Mit letzten Kräften wird die Backline (tata! plus katalogneuer Anlage zur Beschallung des Publikums – schwere Boxen schleppen is‘ ja auch sowas von retro) abgebaut und verladen. Noch einen Josef, einen großen Dank an alle, ein Herzchen hier und da und schon schnappt die Nacht nach allen noch verfügbaren Erinnerungen des Tages.
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